Goraksa-Sataka und Yoga-Tarangini

Vorwort

Das Yoga-Tarangini ist ein Kommentar zu einem älteren Text namens Goraksa-Sataka. Der Autor des Yoga-Tarangini lebte im 11. Jahrhundert n. C., er ist namentlich nicht bekannt. Im Lauf der Jahrhunderte entwickelten sich mehrere Varianten des Yoga-Tarangini, die sich in Einzelheiten unterscheiden.

Es ist das Verdienst von Jan Brzezinski (Jagananda Das) das Yoga-Tarangini in das Englische übersetzt und eingeführt zu haben. Die vorliegende Übersetzung in das Deutsche ist eine Zusammenfassung von Goraksa-Sataka und dem Kommentar Yoga-Tarangini, wobei der Kommentar dazu benutzt wurde, Unklarheiten des Goraksa-Sataka zu erläutern.

Das Goraksa-Sataka enthält zweimal 101 Verse in Sanskrit. Es ist einer der frühesten Texte der Natha-Yoga Tradition, durch die die Techniken des Hatha-Yoga entwickelt wurden. Der Autor ist der legendäre Yogi Goraksanatha, dem wundersame Kräfte zugeschrieben wurden. Er lebte vermutlich im 7. Jahrhundert n. C.. Sein Guru war Matsyendranatha.

Sataka bedeutet ein Jahrhundert oder ein Werk mit 100 Versen. Es stellt ein Handbuch für beginnende Yogis dar. Die Inhalte sind stufenförmig aufgebaut, d.h. es beginnt mit einfachen Praktiken, auf die fortgeschrittene folgen.

Einführung

1.1. Ich verneige mich vor dem prächtigen Lehrer, der höchste Wonne und deren Verkörperung darstellt. Einfach durch Nähe zu ihm erlangt ein Körper die Qualität dieser spirituellen Wonne.

1.2. Ich huldige ständig dem Guru, der größer ist als die Eigenschaften von manifestiert und unmanifestiert. Der Yogi, der durch Übungen wie Mula-bandha zur Ruhe in den Knospen der Flamme des Selbst gekommen ist, herzlich die Wahrheit singt, die das Laufrad der Zeit ist, worin sich der ursprüngliche Meister des Yoga, Shiva, der große Ozean des Vergnügens der Weisheit offenbart.

1.3. Nach der ehrfurchtsvollen Verneigung vor dem Lehrer spricht Goraksa über die höchste Weisheit, nach der die Yogis suchen und die die größte Wonne erzeugt.

1.4. Aus dem Wunsch heraus, den Yogis zu nützen, rezitiert er Goraksa-Sataka, das klar verstanden die sichere Erlangung der höchsten Stufe bringt.

1.5. Dies ist die Treppe zur Befreiung und Überwindung der Zeit. Der Weg, durch den sich der Verstand von Sinnesvergnügen abwendet und mit dem höchsten Selbst verbunden wird.

1.6. Oh, ehrenvollste Männer! Haltet Euch an Yoga, den Wunsch erfüllenden Baum der Schriften, dessen Äste von den zweifach Geborenen (Brahmanas) begangen werden, und der der Problemlöser aller weltlichen Leiden ist.

1.7. Es gibt 6 Glieder von Yoga: Stellungen (Asanas), Zurückhaltung des Atems (Pranayama), Beschränkung der Sinnesorgane (Pratyahara), Konzentration (Dharana), Meditation (Dhyana), vollständige Aufnahme (Samadhi).

Stellungen (Asanas)

1.8. Es gibt so viele Stellungen wie es Arten von Lebewesen gibt. Nur der große Gott kennt alle Formen.

1.9. Eine Sitzposition wurde für jede der 8,4 Millionen Arten vorgesehen. Von diesen wurden 84 Arten von Shiva geschaffen.

1.10. Von all den Stellungen sind besonders zwei für Yoga-Übungen vorgesehen: 1. Siddhasana, 2. Padmasana (Lotussitz).

1.11. Wenn jemand die Ferse fest gegen den Damm drückt, die andere Ferse über das Geschlechtsteil bringt, den Körper aufrecht hält, ruhig bleibt, die Sinne zurückzieht und stetig zwischen die Augenbrauen schaut, ist das Siddhasana, die Stellung der vollendeten Meister, die das Tor zur Befreiung aufsprengt.

1.12. Nachdem der rechte Fuß auf den linken Oberschenkel gelegt und der linke Fuß auf den rechten Oberschenkel, die Großzehen mit den Händen um den Rücken fest gefasst und das Kinn auf die Brust gebracht wurden, soll der Yogi auf die Nasenspitze schauen. Dies ist die Lotusstellung oder Padmasana, der Zerstörer von Krankheit und Unruhe.

Kreisel (Chakren)

1.13. Wie können solche Yogis Erfolg haben, die nicht die 6 Chakren, die 16 Behälter (große Zehen, Darmausgang, Darmschließmuskel, Geschlechtsorgan, Unterbauch, Nabel, Herz, Kehlkopf, Zäpfchen, oberer Rachen, Zungenwurzel, Basis der oberen Zähne, Nasenspitze, Basis der Nase, Punkt zwischen den Augenbrauen, Augen), die 2 Ziele (äußerlich, innerlich) und die 5 Himmel in ihrem eigenen Körper kennen?

1.14. Wie können solche Yogis erfolg haben, die nicht das eigene Haus kennen, das 1 Säule (Verstand), 9 Türen (Mund, Augen, Ohren, Nasenlöcher, Darmausgang, Harnröhre) und 5 Gottheiten (Brahma/Erde, Vishnu/Wasser, Rudra/Feuer, Isha/Luft, Sadashiva/Raum) beinhaltet?

1.15. Das Muladhara-Chakra sollte sich als Lotus mit 4 Blütenblättern, das Svadhisthana-Chakra mit 6, das Manipura-Chakra mit 10, das Anahata-Chakra mit 12 vorgestellt werden.

1.16. Beim Visuddha-Chakra befindet sich der Lotus mit 16 Blütenblättern, zwischen den Augenbrauen Ajna-Chakra mit 2, Sahasrara-Chakra hat 1000.

1.17. Das erste Chakra ist Muladhara-Chakra, das zweite Svadhistana-Chakra. Dazwischen liegt Yoni-sthana oder Kama-rupa im Damm.

1.18. Das vierblättrige Chakra namens Muladhara-Chakra befindet sich am Darmausgang. Innerhalb dieses Chakras befindet sich Yoni oder Kamakhya. Yoni wird von den Vollendeten gepriesen.

1.19. In der Mitte von Yoni befindet sich das große Lingam von Shiva. Wer die juwelenartige Scheibe in dessen Kopf kennt, kennt Yoga.

1.20. Unter dem Geschlechtsteil befindet sich die dreieckige Stadt des Feuers, die wie ein Blitz blinkt und an geschmolzenes Gold erinnert.

1.21. In Samadhi sieht man das höchste Licht, unendlich und in jede Richtung strahlend. In dieser Vereinigung gibt es kein Kommen und Gehen mehr.

1.22. Das Wort Sva bezeichnet Prana und Svadhistana-Chakra ist sein Ruheplatz. Dieser Ort wird auch als Medhra, Geschlechtsteil, bezeichnet.

1.23. Der Ort, an dem Kanda wie ein Juwel an einem Faden an Sushumna aufgereiht ist, ist das Manipura-Chakra.

1.24. Jiva, die individuelle Seele, irrt so lange im Anahata-Chakra, bis sie die Realität erlangt.

Kanäle (Nadis)

1.25. Oberhalb des Geschlechtsteils und unterhalb des Nabels liegt Kanda-yoni, das wie ein Vogelei geformt ist. Von ihm entspringen 72.000 Kanäle (Nadis).

1.26. Von diesen tausenden Kanälen sind 72 als erstrangige Überträger der Lebensenergie. Wiederum von diesen sind 10 besonders wichtig.

1.27/28. Diese 10 sind Ida und Pingala, Sushumna, dann Gandhari, Hastijihva, Pusa, Yasasvini, Alambusa, Kuku und Sankhini.

1.29./30. Ida befindet sich auf der linken Seite (linkes Nasenloch), Pingala auf der rechten (rechtes Nasenloch). Sushumna ist in der Mitte, Gandhari im linken Auge, Hastijihva am rechten Auge, Pusa am rechten Ohr, Yasasvini am linken Ohr, Alambusa ist im Mund.

1.31. Kuhu ist in der Gegend des Geschlechtsteils, Sankhini am Darmausgang. Somit gibt es 10 Kanäle, jeder Kanal hat einen Bezug zu einem Tor.

1.32. Ida, Pingala und Sushumna folgen den Hauptwegen von Prana. Sie transportieren die Lebenskraft und sind verbunden mit dem Mond, der Sonne und den Feuergöttern.

Lebenskräfte (Pranas, Vayus)

1.33. Die 10 Lebenskräfte sind Prana, Apana, Samana, Udana, Vyana, Naga, Kurma, Krkala, Devadatta und Dhananjaya.

1.34./35. Prana befindet sich im Herzen, Apana am Darmausgang, Samana am Nabel, Udana in der Mitte der Kehle, Vyana durchläuft den ganzen Körper. Diese 5 sind die Hauptwinde (Vayus).

1.36. Naga ist beim Rülpsen gegenwärtig, Kurma beim Augenöffnen, Krkara verursacht Niesen, Devadatta Gähnen.

1.37. Dhananjaya durchdringt alles und erlöscht nicht beim Tod. Diese 10 Formen der Lebensenergie durchstreifen alle Kanäle (Nadis) und geben dem individuellen Bewusstsein (Jiva) Form.

1.38. Wie ein Ball, der, auf den Boden geworfen, zurückspringt, so kann das individuelle Bewusstsein, das durch Prana und Apana hin- und hergeworfen wird, keine Ruhe finden.

1.39. Unter der Kontrolle von Prana und Apana läuft das individuelle Bewusstsein auf und ab entlang der linken und rechten Kanäle. Wegen seiner Hektik kann es nicht gesehen werden.

1.40. Wie ein Falke, der an einer Leine festgehalten wird, wenn er wegfliegt, wird das individuelle Bewusstsein durch die Knoten der Natur zurückgezogen, d.h. durch Prana und Apana.

1.41. Apana zieht Prana und Prana zieht Apana. Der Kenner von Yoga vereint diese beiden.

1.42. Das individuelle Bewusstsein (Jiva) geht aus mit dem Klang Ha und tritt wieder ein mit dem Klang Sa. So rezitiert Jiva kontinuierlich das mantra “Hamsa, Hamsa”.

1.43. Jiva rezitiert dieses Mantra 21.600 Mal an einem Tag.

1.44. Dieses Gayatri Mantra namens Ajapa schenkt dem Yogi die Befreiung. Er wird befreit von allen Sünden nur durch den Entschluss, es zu rezitieren.

1.45. Es gibt kein Wissen zu diesem, das gleichwertig wäre, keine andere Rezitation. Es gibt keine Weisheit, die gleichwertig ist weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft.

1.46. Entstanden aus Kundalini ist dieses Gayatri der Bewahrer der Prana Lebenskraft. Dies ist die Wissenschaft von Prana, die große Wissenschaft, und jemand, der dies weiß, ist ein Kenner von Yoga.

Erwecken der Kundalini (Shakti)

1.47. Die Kundalini sitzt in Kanda-yoni, aufgewickelt in 8 Ringen, ihr Maul bedeckt den Eingang zu Brahman.

1.48./49. Durch diesen Eingang muss man zum Platz von Brahman gehen, der frei von allen Krankheiten ist. Aber die höchste Göttin schläft hier und bedeckt den Eingang. Wenn sie erweckt wird durch die Verbindung mit Feuer, verbindet sie sich mit dem Verstand und Prana. Wie eine Nadel, die einen Faden zieht, bewegt sie sich durch Sushumna aufwärts.

1.50. Wenn die glückverheißende Kundalini durch den Kontakt mit Feuer erweckt ist, nimmt sie die Form einer erregten Schlange an und erscheinend wie ein Lotusfaden bewegt sie sich durch Sushumna aufwärts.

1.51. So wie man eine Tür kraftvoll mit einem Schlüssel öffnet, sollte der Yogi die Tür zur Befreiung mittels Kundalini durchdringen.

1.52. Die Hände umklammernd und sehr dicht die Lotus-Position einnehmend, das Kinn tief auf der Brust und meditierend über sein am meisten gewünschtes Objekt, sollte der Yogi wiederholt Apana anheben und die Luft ausatmen.So erlangt er unerreichtes Verständnis durch das Erwecken von Kundalini.

1.53. Er sollte seine Glieder mit dem dabei entstandenen Schweiß einreiben. Er sollte bittere, saure und salzige Nahrung meiden und Milch einnehmen.

1.54. Eine Person, die zölibatär lebt, maßvoll ißt, frei ist von Anhaftungen an Sinnesobjekte einschließlich der Anerkennung durch andere und sich nur um ihre Yogapraxis kümmert, wird nach einem Jahr erfolgreich sein. Daran gibt es keinen Zweifel.

1.55. Eine Person, die weiches Essen, nicht sauer oder salzig, zu sich nimmt, ein Viertel davon auf der Seite lässt zur Freude der Götter, ißt maßvoll.

1.56. Die Kundalini mit ihrer achtfachen Windung über Kanda-yoni ist immer die Ursache für die Anhaftung von Dummen, jedoch der Befreier der Yogis.

Fünf Verschlüsse (Mudras)

1.57. Der Yogi, der Maha-mudra, Khecari-mudra, Uddhiyana-bandha, Jalandara-bandha und Mula-bandha kennt, ist geeignet für die Befreiung.

1.58. Mula-bandha wird durch Pressen von Yoni (Damm) mit der Ferse und Kontraktion des Schließmuskels durchgeführt.

1.59. Durch die Vereinigung von Apana und Prana werden die Körperausscheidungen vermindert. Auch ein alter Mann wird durch ständiges Mula-bandha jung.

1.60. Der Platz, von dem der große Vogel der Lebenskraft (Prana) seinen unermüdlichen aufsteigenden Flug beginnt, heißt Uddiyana, ein Löwe für den Elefant des Todes.

1.61. Der Verschluss hinter dem Bauch und unterhalb des Nabels heißt Uddiyana-bandha.

1.62. Jalandhara bandha verschließt alle Kanäle in der Kehle, so dass kein Wasser von oben nach unten fließen kann. Deswegen hilft dieser Verschluss gegen alle Beschwerden der Kehle.

1.63. Durch Jalandhara-bandha fällt kein “Nektar” in das “Magenfeuer” und Prana bleibt im Körper.

1.64. Bei Khecari-mudra wird die Zungenspitze zum weichen Gaumen gebracht und der Blick zwischen den Augenbrauen fixiert.

1.65. Wer Khecari-mudra kennt, erfährt weder Krankheit, Tod, Schlaf, Hunger, Durst noch Ohnmacht.

1.66. Wer Khecari-mudra kennt, erleidet keinen Kummer und wird nicht durch seine Handlungen oder die Zeit gebunden.

1.67. Weil der Verstand den Raum (Khe) durchstreift, und die Zunge den Zungenraum, ist Khecari-mudra als “Raum-Durchstreifer” bekannt und wird von den perfekten Wesen (Siddhas) verehrt.

1.68. Der Samen (Bindu) bildet den Ursprung eines Körpers, weil in ihm alle Kanäle angelegt sind, die den Körper von den Sohlen bis zur Spitze des Schädels durchziehen.

1.69. Der Samen einer Person, die die Höhle über dem Zäpfchen versiegelt hat mittels Khecari-mudra, läuft nicht aus, selbst wenn diese Person von einer wünschenswerten Frau umarmt wird.

1.70. Wo ist die Angst vor dem Tod, wenn der Samen im Körper verbleibt? So lange man Khecari-mudra hält, geht der Samen nicht verloren.

1.71. Auch wenn der Samen sich bewegt und das Feuer erreicht, wird er durch Shakti behindert und durch Mula-bandha zurückgehalten, so dass er wieder aufsteigt.

1.72. Es gibt zwei Arten Samen, weiß und rot. Der weiße heißt Sukra, der rote Maha-rajas.

1.73. Maha-rajas befindet sich beim Nabel und ähnelt flüssigem Zinnoberrot. Sukra befindet sich in der Kehle. Die Vereinigung von beiden ist extrem selten.

1.74. Sukra ist Shiva (Mond), Maha-rajas ist Shakti (Sonne). Nur durch Vereinigung der beiden wird der höchste Zustand erreicht.

1.75. Wenn Maha-rajas durch die Aktivierung von Kundalini mittels Prana getrieben wird, kommt es zur Vereinigung mit Sukra. Zu diesem Zeitpunkt wird der Körper göttlich.

1.76. Sukra ist mit dem Mond verbunden, Maha-rajas mit der Sonne. Der, der ihre Vereinigung kennt, ist ein Kenner von Yoga.

1.77. Die Reinigung der Kanäle, die Vereinigung von Sonne und Mond und das Austrocknen der Säfte wird Maha-mudra genannt.

1.78. Man bringt das Kinn auf die Brust, presst den Damm mit dem linken Fuß und greift den rechten Fuß mit beiden Händen. Man atmet in beide Seiten des Körpers, hält die Position und atmet dann aus. Dieser Verschluss zerstört alle Krankheiten und wird Maha-mudra genannt.

1.79. Man atmet zuerst mit dem linken Nasenloch ein, danach rechts. Beide Nasenlöcher sollen gleich oft benutzt werden.

1.80. Es gibt hierbei keine vorgeschriebene oder verbotene Diät. Alle Geschmacksrichtungen schmecken gleich. Selbst tödliches Gift würde verdaut werden wie Nektar.

1.81. Jemand, der Maha-mudra praktiziert, eliminiert alle Krankheiten, besonders Tuberkulose, Lepra, Verstopfung, Milzvergrößerung und schlechte Verdauung.

1.82. Maha-mudra bringt einen großen Erfolg für die Menschlichkeit. Es sollte geheim gehalten und nur an Praktizierende weitergegeben werden.

Praxis von Omkara

1.83. Man sollte die Silbe Om an einem zurückgezogenen Platz in Lotusstellung rezitieren, Körper und Kopf balanciert mit Blick auf die Nasenspitze.

1.84. Das höchste Licht, in dessen Bestandteilen das obere, mittlere und untere Reich sowie Mond, Sonne und die Feuergötter wohnen, ist als Om bekannt.

1.85. Dieses höchste Licht, in dem sich die drei Zeiten,die drei Veden, die drei Welten, die drei Intonationen und die drei Götter befinden, ist als Om bekannt.

1.86. Dieses höchste Licht, in dem sich die dreifache Kraft als Handlung, Wille und Weisheit offenbart verbunden mit Brahma, Rudra und Vishnu, ist als Om bekannt.

1.87. Dieses höchste Licht, in dem die drei Klänge A, U und M enthalten sind, ist als Om bekannt.

1.88. Man sollte immer Japa mit der Stimme mit dem höchsten Licht Om machen. Man sollte Japa mit dem Körper machen und mit dem Verstand erinnern.

1.89. Ob rein oder unrein, jemand, der immer Japa mit der Silbe Om macht (Pranava), wird von keiner Sünde beeinträchtigt, genauso wenig wie ein Lotusblatt von Wasser.

Zum Lob von Pranayama

1.90. Solange ein- und ausgeatmet wird, bewegt sich auch der Samen (Bindu). Ein Yogi erlangt eine Bewegungslosigkeit wie eine Säule, wenn er den Atem zurückhält.

1.91. Man lebt, solange man atmet. Der Tod tritt ein, wenn der Atem aufgehört hat. Deswegen soll man die Atmung kontrollieren.

1.92. Solange der Atem im Körper ist, solange der Verstand frei von Krankheiten ist, solange der Blick zwischen den Augenbrauen gehalten wird, woher soll die Angst vor der Zeit kommen?

1.93. Brahma wie die Yogis und Weisen ist aus Furcht vor dem Tod auf Atemkontrolle bedacht. Deswegen sollte man den Atem zurückhalten.

1.94. Der Atem wird etwa 64 cm vor dem linken und rechten Nasenloch ausgeatmet. Deswegen wird er Prana genannt.

1.95. Sobald alle Kanäle durch Nadi-sodhana gereinigt wurden, ist der Yogi in der Lage, die Lebenskraft Prana zu kontrollieren.

1.96. Der Yogi soll im Lotussitz durch das linke Nasenloch einatmen, den Atem anhalten und durch das rechte Nasenloch ausatmen. Währenddessen soll er über den weißen Mond im Manipura-Chakra meditieren.

1.97. Wer dies praktiziert, wird glücklich werden, wenn er währenddessen über den weißen Mond im Manipura-Chakra meditiert.

1.98. Dann soll der Atem durch das rechte Nasenloch eingeatmet, gehalten und durch das linke Nasenloch ausgeatmet werden.

1.99. Wer dies praktiziert, wird glücklich werden, wenn er währenddessen über die goldene Sonne im Manipura-Chakra meditiert.

1.100. Wer dies mit dem richtigen Maß praktiziert, wird in 3 Monaten alle Kanäle gereinigt haben.

1.101. Die Vorteile, die aus der Reinigung der Kanäle entstehen, sind die Fähigkeit, den Atem auf Wunsch anzuhalten, die Verbesserung des Verdauungsfeuers, das Hören der inneren Vibration (Nada) und Freiheit von Krankheiten.

Pranayama

2.1. Prana bleibt im Körper durch die Zurückhaltung der Ausatmung. Mit einem einzigen Atemzug kann man den Weg zum spirituellen Himmel öffnen.

2.2. Die dreifache Atemkontrolle besteht aus Ausatmung (Recaka), Einatmung (Puraka) und Anhalten (Kumbhaka), hat denselben Inhalt wie das Rezitieren von Om (Omkara, Pranava) und besitzt ein Maß von 12.

2.3. Die Yogis sollten von Sonne und Mond verbunden mit dem Maß von 12 lernen (Nadi-sodhana), da sie das Netzwerk der Defekte (Dosa) entfernen.

2.4. Es wird Pranayama genannt, wenn man 12 Omkaras während der Einatmung, 16 wähend des Anhaltens und 10 während der Ausatmung zählt.

2.5. Drei Stufen von pranayama werden auf folgende Weise unterschieden: die niedrigste Stufe hat ein Maß von 12, die mittlere 24, die höchste 36.

2.6. In der niedrigsten Stufe gibt es viel Schweiß, in der mittleren Zittern, in der höchsten steigt der Yogi auf. Deswegen sollte der Yogi den Atem vorsichtig zurückhalten.

2.7. Der Yogi sollte in Einsamkeit den Lotussitz einnehmen, seinem Lehrer und Shiva salutieren und Atemkontrolle praktizieren, den Blick auf die Nasenspitze fixiert.

2.8. Man soll Mula-bandha praktizieren und damit Apana zu Prana bringen. Wenn Apana und Prana vereint sind, sollen sie mit Kundalini nach oben geführt werden, dann wird der Yogi von allen Sünden befreit.

2.9. Nachdem die 9 Körperöffnungen geschlossen wurden, soll der Yogi mit Hilfe von Kundalini Prana, Apana und das Feuer (Vahni) nach oben führen zum Himmel (Akasha). Er soll das Prana zum Brahma-randhra bringen und über das Selbst meditieren. So lange er so bleibt, wird er von der Gemeinschaft der großen Seelen gepriesen werden.

2.10. Auf diese Weise wird die Atemkontrolle das Feuer, dessen Treibstoff Sünden sind. Die Yogis nennen es die Brücke über den Ozean der Existenz.

2.11. Der Yogi zerstört Krankheiten durch Asanas, Sünden durch Pranayama. Mit Pratyahara wird er frei von den Änderungen des Verstands.

2.12. Durch Dharana erhält der Yogi Gleichmäßigkeit des Verstandes, von Dhyana ein übernatürliches Bewusstsein und in Samadhi Befreiung, nachdem er alle glückverheißenden und nicht glückverheißenden Karmas abgelegt hat.

2.13. Pratyahara entsteht durch 12 Pranayamas. Dharana entsteht durch 12 Pratyahras.

2.14. Experten in Meditation sagen, dass 12 Dharanas wie Meditation sind.

2.15. In Samadhi sieht man das höchste Licht, unendlich und in jede Richtung strahlend. In dieser Vereinigung gibt es kein Kommen und Gehen mehr..

2.16. Der Meister der Yogis soll eine Stellung einnehmen, bei der das Geschlechtsteil dicht zwischen den Fersen ist (Siddhasana), und die Öffnungen der Ohren (Daumen), Augen (Zeigefinger) und Nasenlöcher (Mittelfinger) mit den Fingern verschließen. Er soll mit dem Mund einatmen, den Atem in der Brust halten, dann im Kopf gemeinsam mit dem Feuer und Apana. So erreicht der Yogi Einförmigkeit (Samata) mit der speziellen Wahrheit.

2.17. Wenn Prana das Ajna-Chakra erreicht, taucht ein großer Klang von Musikinstrumenten auf. Dies bedeutet, dass der Erfolg nicht weit ist.

2.18. Durch exakte Atemkontrolle werden alle Krankheiten beendet. Alle Krankheiten sind möglich, wenn diese Yogapraxis nicht korrekt ausgeführt wird.

2.19. Von einer Störung des Luftstroms kommen verschiedene Krankheiten wie Schluckauf, Husten, Asthma, Kopfschmerz, Ohren- und Augenschmerzen.

2.20. Wie Löwen, Elefanten oder Tiger schrittweise gezähmt werden sollen, weil sie sonst den Trainer töten, so ist es mit Prana, wenn es nicht richtig eingesetzt wird. Es wird den Yogi töten.

2.21. Man soll die Luft sehr kontrolliert ausatmen. Man soll die Luft sehr kontrolliert einatmen. Man soll die Luft sehr kontrolliert zurückhalten. Auf diese Weise wird man Erfolg erlangen.

Pratyahara

2.22. Dass man die Sinnesobjekte nicht mehr der Aufmerksamkeit präsentiert, heißt Pratyahara.

2.23. Wie die Sonne während der Dämmerung ihr Licht zurückzieht, so vermindert der Yogi die Verbindung zu den Sinnesobjekten.

2.24. Wie eine Schildkröte ihre Glieder unter den Panzer zurückzieht, so zieht der Yogi seine Sinne in das Selbst.

2.25. Der Kenner von Yoga zieht sich in das Selbst zurück, weil er weiß, dass alles Angenehme oder Unangenehme, das er hört, das Selbst ist.

2.26. Der Kenner von Yoga zieht sich in das Selbst zurück, weil er weiß, dass alles Angenehme oder Unangenehme, das er riecht, das Selbst ist.

2.27. Der Kenner von Yoga zieht sich in das Selbst zurück, weil er weiß, dass alles Reine oder Unreine, das er sieht, das Selbst ist.

2.28. Der Kenner von Yoga zieht sich in das Selbst zurück, weil er weiß, dass alles Berührbare oder Unberührbare, das er mit der Haut berührt, das Selbst ist.

2.29. Der Kenner von Yoga zieht sich in das Selbst zurück, weil er weiß, dass alles Appetitliche oder Unappetitliche, das er schmeckt mit der Zunge, das Selbst ist.

2.30. Die Sonne (Magenfeuer) konsumiert den Nektar (Amrta) des Mondes (Kehle). Die Unterbrechung dieses Stromes heißt Pratyahara.

2.31. Eine Frau, die vom Mond kommt, wird von zwei erfreut. Ein dritter sollte von Alter und Tod befreit werden. Das bedeutet, dass der Nektar der Unsterblichkeit von der Kehle strömt und in das Magenfeuer fällt. Jemand, der diesen Nektar im Mund zurückhält (Viparita-karani) wird von Alter und Tod befreit.

2.32. Eine, die Sonne, wohnt in der Nabelregion und besteht aus der Kraft, zu verbrennen. Und der Mond, gemacht aus Nektor, liegt an der Basis des Gaumens.

2.33. Der Mond lässt den Nektar fließen. Die Sonne schluckt den Nektar. Da dies so ist, sollte man die Wege oder Stellungen kennen, um den Nektar abzufangen.

2.34. Der Nabel oben, der Gaumen unten, die Sonne darüber, der Mond darunter. Das ist die Position, die die “Umgekehrte” genannt wird. Sie sollte von einem Lehrer gelernt werden.

2.35. Die Yogis kennen Anahata-Chakra, in dem der dreifach gebundene Stier mächtig brüllt, und das beim Herz liegt.

2.36. Wenn Prana durch Manipura-Chakra ging, Anahata-Chakra kreuzte und den tausendblättrigen Lotus erreichte, wird der Yogi unsterblich.

2.37.Der Yogi, der während der Meditation über Kundalini sein Gesicht nach oben wendet, seine Zunge weit nach hinten legt und die Tropfen des überaus klaren Stromes von Mondflüssigkeit, die vom Kopf zum Vishuddha-Chakra fließen, mit Kraft und Rühren auf seine Zunge bringt, erhält einen Körper, der so weich wie der Stamm einer Lotuspflanze ist, und lebt sehr lange.

2.38. Der Yogi altert nicht, der mit dem Prozess der Vereinigung von Prana und Apana den kühlen Fluss der Luft mit dem zu einem Krähenschnabel geformten Mund (Sitali) trinkt.

2.39. Für jemand, der Prana an der Basis des Gaumens und der Zunge trinkt (Ujjayi), werden alle Krankheiten innerhalb eines halben Jahres zerstört.

2.40. Nachdem der Nektar im Vishuddha-Chakra gehalten wurde, wird er nach oben gezogen und entkommt damit dem Mund der Sonne.

2.41. Die Vorsilbe “Vi” meint Vogel, Schwan (Hamsa). Makellose Reinheit wird “Suddhi” genannt. Deswegen nennen die Kenner der Chakren das Zentrum der Kehle “Visuddha”.

2.42. Nachdem Prana dem Mund der Sonne entkommen ist, steigt es von selbst in den Hohlraum am Ende der Nase, nachdem der Yogi den Nektar dort platziert hat.

2.43. Man soll das reine Wasser des Mondes von der Kehle nach oben in den Hohlraum am Ende der Nase ziehen und dann zum Ajna-Chakra führen. Auf dem Boden liegend, das Gesicht und den ausgestreckten Beinen nach oben soll man den Nektar trinken. Wer seine Sinne überwunden hat und dies ausführt, wird niemals Schwäche oder Verfall erleben.

2.44. Der Kenner von Yoga, der den Nektar trinkt, indem er die Zunge fest an den Gaumen drückt, überwindet den Tod in einem halben Monat.

2.45. Wer den Anus verschließt, überwindet jedes Hindernis und erreicht ein Stadium nach hohem Alter und Tod wie der fünfköpfige Shiva.

2.46. Wer die Zungenspitze gegen die große Höhle beim Zäpfchen presst und über die Göttin der Sprache meditiert, wird innerhalb von 6 Monaten ein Dichter.

2.47. Der Yogi verschließt alle Öffnungen und darüber hinaus die “große Öffnung”, indem er mit der Zunge gegen das Zäpfchen presst. Er verhindert damit den Fluß des Nektars. Das ist der Weg der 5 Konzentrationen (dharanas).

2.48. Wer mit der Zunge konstant die Spitze des Zäpfchens berührt, die wechselnd salzig, scharf, sauer, wie Milch, Honig oder Ghee schmeckt, beseitigt alle Erkrankungen und wird auch im hohen Alter alles Gelernte erinnern, wird Unsterblichkeit und die 8 Qualitäten erlangen (Deva) genauso wie Siddha-Frauen anziehen.

2.49. Nach zwei bis drei Jahren wird der Samen dieses Yogis, dessen Körper vollständig mit Nektar gefüllt ist, nach oben wandern und Siddhis werden auftauchen.

2.50. Ein körperhaftes Wesen wird den Körper nicht verlassen, solange dieser mit dem Nektar des Mondes gefüllt ist, wie Feuer trockenes Holz oder einen in Öl getränkten Docht nicht verlässt.

2.51. Wenn der Körper eines Yogis konstant mit dem Nektar des Mondes gefüllt ist, wird sich selbst das Gift des Schlangengottes nicht ausbreiten.

Dharana

2.52. Wer die Stellungen, Atemkontrolle und Rückzug der Sinne gemeistert hat, sollte Konzentration üben.

2.53. Das Halten der fünf Elemente, jedes einzeln für sich, mit vollständiger Bewegungslosigkeit des Verstandes, wird Konzentration (dharana) genannt.

2.54. Das Element Erde ist ein goldenes Quadrat, geschmückt mit dem Buchstaben la und kombiniert mit Brahma im Lotussitz. Der Yogi soll dort Prana fünf Ghatikas (2 Stunden) halten. Diese Konzentration bringt den Sieg über die Erde.

2.55. Das Element Wasser ist ein weißer Halbmond und sitzt in der Kehle. Es ist verbunden mit der Silbe va und Vishnu. Der Yogi soll dort Prana fünf Ghatikas (2 Stunden) halten. Diese Konzentration verbrennt das Kalakuta Gift.

2.56. Das Element Feuer ist ein rotes Dreieck und sitzt am Gaumen. Es ist hell wie Korallen, verbunden mit der Silbe ra und Rudra. Der Yogi soll dort Prana fünf Ghatikas (2 Stunden) halten. Diese Konzentration bringt den Sieg über das Feuer.

2.57. Das Element Luft ist schwarz und rund. Es sitzt zwischen den Augenbrauen und ist verbunden mit der Silbe ya und Ishvara. Der Yogi soll dort Prana fünf Ghatikas (2 Stunden) halten. Diese Konzentration ermöglicht Reisen im Himmel.

2.58. Das Element Raum ist klar wie reines Wasser und sitzt im Brahma-randhra. Es ist verbunden mit dem fünfköpfigen Shiva, dem Klang nada und der Silbe ha. Der Yogi soll dort Prana fünf Ghatikas (2 Stunden) halten. Diese Konzentration öffnet sicher das Tor zur Befreiung.

2.59. Stoppen, Verflüssigen, Verbrennen, Aufwirbeln und Austrocknen resultieren aus den 5 Konzentrationen.

2.60. Die fünf Konzentrationen werden selten durch Taten, Gedanken oder Sprechen erlangt. Der Yogi, der sie erkannt hat, ist frei von allen Schmerzen.

Dhyana

2.61. Die Verbwurzel “smri” (erinnern) wird benutzt, um alle Gedanken zu bezeichnen. Der Gedanke, der im Bewusstsein rein ist, ist bekannt als Meditation (dhyana).

2.62. Es gibt zwei Arten von Meditation: Eine in Übereinstimmung mit den Elementen Sattvas, Rajas und Tamas (saguna), sie hat viele Farben, Formen, Symbole, etc.. Eine andere ohne all diese Elemente (nirguna), sie nimmt die Form von Licht an.

2.63. Die Meditationsstellung besteht aus einem komfortablen Sitz und einem aufrechten Oberkörper, das Bewusstsein ist nach innen gerichtet, der Blick nach außen.

2.64. Bei der Meditation über das erste Chakra, d.h. Muladhara, das eine goldene Farbe hat, vier Blätter und mit Kundalini kombiniert ist, wird man von Sünden befreit.

2.65. Der Yogi wird froh, der seinen Blick auf die Nasenspitze fixiert und das Selbst im sechsblättrigen zweiten Chakra (svadhistana) betrachtet, das einem perfekten Rubin ähnelt.

2.66. Der Yogi lässt die Welt erzittern, der seinen Blick auf die Nasenspitze richtet und das Selbst im Bauch-Chakra betrachtet (manipura), der Mond scheint wie die aufgehende Sonne.

2.67./68. Der Yogi wird eins mit Brahman, der den Blick auf die Nasenspitze richtet und Sambhu (Shiva) im Herz-Chakra betrachtet, strahlend wie die Sommersonne.

2.69. Der Yogi wird befreit von Tod, der seinen Blick auf die Nasenspitze richtet und konstant das Selbst im Hals-Chakra (visuddha) betrachtet, in der Mitte des Zäpfchens, das wie eine Lampe leuchtet.

2.70. Der Yogi erfährt volle Glückseligkeit, der seinen Blick auf die Nasenspitze richtet und das Selbst als ein göttliches Wesen im Raum zwischen den Augenbrauen (ajna) betrachtet, wie die Flamme eines makellosen Rubins.

2.71. Der Yogi erlangt die Vereinigung von individuellem und höchstem Selbst, der die Lebenskraft (prana) überwunden hat und das Selbst als den höchsten Gott (paramesvara) mit einer blauen Erscheinung im Raum zwischen den Augenbrauen betrachtet.

2.72. Der Yogi, der vollständig allein ist und seinen Blick auf die Nasenspitze richtet, wird wie Brahman, indem er über Shiva im Augen-Chakra meditiert als vollständig frei von den Früchten der Arbeit, ruhig und allgegenwärtig im Universum.

2.73. Das Augen-Chakra ist mit dem Element “Raum” (akasha) verbunden. Dort nimmt das Selbst die Form von Shiva ein. Der Yogi, der hier über das Selbst meditiert, erlangt die Vereinigung (yoga).

2.74. Der Yogi erlangt Befreiung, der das alldurchdringende Selbst betrachtet, das rein ist wie der Himmel und wie Wasser in einem Trugbild erscheint.

2.75./76. Yogis berichten von 9 Orten für die Meditation. Diese sind Anus, Geschlechtsorgane, Nabel, Herz-Chakra, Hals-Chakra, Zäpfchen, Gaumen, Augen-Chakra und Kopfspitze (Brahma-randhra). Verbunden mit den Elementen und dem Selbst bringt dies das Erscheinen der mystischen Errungenschaften (siddhis).

2.77. Man kontrolliert das Bewusstsein in der Nabelregion (samyama) und blockiert die Bewegungen von Prana unterhalb durch Kontraktion des Darmverschlusses (Mula-bandha), dann führt man Prana verbunden mit dem Bewusstsein aufwärts, es ist wie Feuer und hat eine subtile Form wie ein Faden, man durchdringt damit das Herz-Chakra, das Hals-Chakra, den Gaumen und Brahma-randhra, zuletzt erreicht man die Leere des Himmels, wo die höchste Form von Shiva ihren Sitz hat.

2.78. Es gibt einen weißen Lotus im Bauch-Chakra. Darüber, in der reinen Region der strahlenden Sonne, im Zentrum des dreifachen Pfades, sitzt die Göttin Chinnamasta. Ich verehre sie, die Mutter der drei Welten (trigunas), die Verleiherin der Pflichten der Menschheit, die einen dreifachen Körper besitzt, der die Form des Wissens ist, und die Angst vor dem Tod beseitigt.

2.79. Der Yogi, der die 9 Orte der Meditation betrachtet und das unerreichte Licht Shivas erkennt, das mit Brahman identisch ist, wird befreit. So hat es Goraksa angegeben.

2.80. Ein 1000-Pferde-Opfer oder hunderte Vajapeya-Opfer sind kein sechzehntel einer einzigen Yoga-Meditation wert.

Samadhi

2.81. Die Zusätze (upadhi) und die Substanz werden erklärt: Die Zusätze sind die Buchstaben oder Farben, die Substanz wird Selbst genannt.

2.82. Wegen der Zusätze ist das Wissen vom Selbst von einer bestimmten Art. Der tatsächliche Zustand des Selbst ist jedoch anders. Durch konstantes Üben (abhyasa) werden die Zusätze zerstört, so dass sich der tatsächliche Zustand des Selbst offenbart.

2.83. Solange die Sinnesobjekte wie z.B. Klang in den Ohren gegenwärtig sind, handelt es sich um Meditation. Samadhi kommt danach.

2.84. Konzentration (dharana) entsteht durch zwei Sunden Atemkontrolle, Meditation (dhyana) durch 24 Stunden, Samadhi durch 12 Tage.

2.85. Samadhi ist der Zustand, in dem alle Paare von Gegensätzlichkeit und das individuelle sowie das höchste Selbst eins sind, alle Wunschvorstellungen sind vollständig verschwunden.

2.86. So wie die Einzigkeit von Salz und Wasser durch ihre Vereinigung (yoga) erlangt wird, so geschieht es auch mit der Vereinigung von Bewusstsein und dem Selbst.

2.87. Der Yogi beendet die Aktivitäten des Bewusstseins und Atmens zusammen und betrachtet das Selbst. Dieses vollständige Gleichgewicht wird Samadhi genannt.

2.88. Der Yogi, der sich in Samadhi befindet, kennt weder sich noch andere, noch Geruch, Geschmack, Form, Berührung oder Klang.

2.89. Der Yogi, der sich in Samadhi befindet, kann durch keine Waffe gestochen, durch kein körperhaftes Wesen getötet oder durch ein Mantra oder Yantra kontrolliert werden.

2.90. Der Yogi, der sich in Samadhi befindet, ist nicht durch Zeit gebunden, befreit von den Konsequenzen seiner Handlungen und kann durch niemand oder nichts beeinflusst werden.

2.91. Der Yogi, der ausgewogen ist beim Essen, seiner Freizeit, bei seinen beruflichen, körperlichen und spirituellen Verpflichtungen sowie beim Schlafen und Wachen leidet nicht mehr.

2.92. Die Kenner der Realität wissen, dass die Realität keinen Anfang und kein Ende hat, keine irgendwelche Unterstützung, unentwickelt ist ohne irgendein Substrat, ohne irgendwelche Krankheiten und formlos.

2.93. Die Kenner von Brahman kennen Brahman als rein, bewegungslos, ewig, inaktiv, ohne Eigenschaften und großartig. Es ist Raum, direktes Wissen und Glückseligkeit (sat, cit, ananda).

2.94. Der Yogi erlangt durch den Prozess des Yoga die Eigenschaften von Brahman, er wird frei von Angst, Unterstützung, Substraten und steht über Krankheiten.

2.95. Die Kenner der Realität wissen, es hat keine Ursache, noch ist es vergleichbar. Es kann nicht durch den Verstand oder Intelligenz erfasst werden. Es ist Leere, direktes Wissen und Glückseligkeit.

2.96. So wie Ghee in Ghee gegossen nur Ghee wird und nichts anderes, ist es auch mit Milch gegossen in Milch. Ebenso wird der Yogi Realität und nichts anderes.

2.97. So wie die Flüssigkeit aus dem Kuheuter gegossen in Milch oder geklärte Butter gegossen in Ghee oder Flammen in einem Feuer dieselben Eigenschaften erlangen, ist es mit einem Yogi, der mit der höchsten Wahrheit verschmilzt.

2.98. Das Geheimnis, das Goraksa offenbarte, das verborgener war als irgendein anderes Geheimnis, wird die Leiter zur Befreiung genannt und der Entferner der Existenzängste für alle Menschen.

2.99. Jede Person, die diese Wissenschaft des Yoga, Goraksa-sataka, studiert, wird von allen Sünden befreit und erlangt sicherlich Erfolg beim Yoga.

2.100. Man soll diese Yoga-Schrift regelmäßig studieren, die vom Lotusmund des originalen Gottes selbst stammt. Warum benötigt man überhaupt so viele andere Schriften?

2.101. Einer, dessen Bewusstsein lediglich einen stillen Moment der Betrachtung Brahman’s erlangte, hat im Wasser aller Pilgerorte gebadet, hat die ganze Erde den Brahmanen zum Opfer gegeben, hat Tausende Millionen Opfer und Verehrungen aller Götter durchgeführt. Wahrlich, er hat die Vorfahren richtig erfreut und sie zum Himmel geführt.

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